Das im Tramuntana Gebirge gelegene malerische Sóller ist normalerweise über einen Tunnel komfortabel und schnell erreichbar. Bei dieser Zugfahrt will man aber gar nicht diese Vorzüge genießen sondern sich auf ein Abenteuer in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts zurückversetzen lassen. Im Inneren des Zuges fühlt man sich tatsächlich um viele Jahrzehnte zurückversetzt, denn trotz verschiedener, regelmäßiger Renovierungen sind die Abteile genauso erhalten wie zu Beginn dieser Verbindung. Im Inneren faszinieren die Waggons mit einer Vertäfelung aus rotbraunem Makoré-Holz, harten Holzbänken, einer diffusen, altertümlichen Beleuchtung und antiken Schiebefenstern.
Die Verbindung wurde als riesiges Volksereignis mit Tausenden Menschen entlang der Strecke am 16. April 1912 mit einer Jungfernfahrt eröffnet. Der Zug wurde von den Mallorquinern liebevoll „Roter Blitz“ getauft. Bis 1929 wurden die Waggons von einer Dampflok angezogen. 1929 wurde, unter anderem aufgrund von Protesten der Malloquiner wegen Rauchbelästigung, die Strecke elektrifiziert und die Dampf-Lok gegen eine E-Lok von Siemens-Schuckert ausgetauscht. Diese E-Lok zieht heute noch den Zug. Früher diente der Zug zusätzlich als Transportmittel von Citrusfrüchten und Oliven aus dem fruchtbaren Tal von Sóller nach Palma. Heute transportiert der Zug ausschließlich Personen ist vor allem eine der Top Touristenattraktionen der Insel.
Aber nicht nur der Zug an sich ist eine Attraktion sondern auch die Fahrt selbst begeistert jedes Jahr Tausende von Urlaubern. Nach der Abfahrt vom Bahnhof Palma am Plaza Espanya geht es zunächst durch die dicht besiedelten, nördlichen Außenbezirke Palmas. Nach ein paar Fahrminuten und Verlassen der Stadtgrenze von Palma tauchen in der flachen Landschaft die ersten Mandelbäume und einzelne Bauernhäuser auf. Kleinere Ansammlungen von alten und neuen Villen zeugen davon, dass sich hier – etwas außerhalb der Hauptstadt – vor allem auch die besser situierten Einwohner Mallorcas niedergelassen haben. Vorbei am Bahnhof von Son Sardina geht die Fahrt weiter, mitten durch immer üppigere Mandelbaumplantagen, Olivenhaine und Johannisbrotbäume. Die Fahrgäste erleben die wunderschöne Natur Mallorcas hautnah.
Am kleinen verträumten Bahnhof von Bunyola erfolgt ein kurzer Halt. Hier begann unsere Fahrt. Die Landschaft wird nun schon etwas hügeliger und ist gekennzeichnet durch viele Terrassenfelder mit den typischen mallorquinischen Steinmauern. Die Strecke steigt allmählich an und gibt immer wieder schöne Blicke auf Palma und die Bucht von Palma frei. Nun beginnt der wohl atemberaubendste Teil der Strecke. Wie eine große Wand türmt sich vor dem Zug die Sierra de Alfabia auf, hinter deren Bergkämmen sich Sóller in einem fruchtbaren Tal befindet. Zur Durchquerung des Bergmassivs muss der Zug nun insgesamt 13 Tunnel mit einer Gesamtlänge von fast 5 Kilometern durchfahren. In kurzen Abständen unterbrechen die ersten kleineren Tunnel den Blick auf die Landschaft, bis der Zug auf einmal in einen besonders langen Tunnel eintaucht. Kühle und feuchte Luft dringt durch die geöffneten Fenster und der durch die Räder auf den Schienen verursachte Lärm erscheint ohrenbetäubend. Plötzlich und unerwartet gibt der Tunnel den Zug wieder frei und das Landschaftsbild hat sich vollkommen verändert. Die sanft ansteigenden Terrassenfelder sind von einer imposanten Bergwelt abgelöst worden. Nach einigen Minuten hält der Zug für einen Foto-Stop. Bei diesem Stop bietet sich eine hervorragende Gelegenheit, die umliegenden Berge und das Tal von Sóller sowie die tiefgelegene Stadt selbst etwas genauer zu fotografieren. Nach kurzer Pause geht die Fahrt weiter. Es folgt der nächste lange Tunnel und zur Überraschung aller Fahrgäste liegt Sóller nach der Tunnelausfahrt nun nicht mehr auf der rechten sondern zur linken Seite. Von allen Mitreisenden unbemerkt hat der Zug im Tunnel in einer großen Schleife die Fahrtrichtung um 180 Grad geändert. Langsam geht es nun weiter hinunter ins Tal, vorbei an schönen Orangen- und Zitronengärten. Nach ca. einer Stunde Fahrtzeit erreicht der „Rote Blitz“ den Bahnhof von Sóller.
Wer nun noch nach Port de Sóller weiterfahren möchte, kann von hier aus umsteigen in die ebenfalls nostalgische Straßenbahn, die Sóller und seinen Hafen in etwa 5 Kilometer Entfernung verbindet.
Nach einer meiner Palma Krimi-Touren vielleicht ein weiteres Highlight für Euren Mallorca-Urlaub.
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